Interview mit Frank M. Salzgeber, Leiter Technology Transfer, ESA
Herr Salzgeber, Sie bezeichnen sich selber als der Recycling Officer der Raumfahrtagentur ESA. Was meinen Sie damit?
Innovation heißt nicht immer etwas Neues zu erfinden. Alltägliche Technik wurde oft nicht also solche erfunden. Da können sie mit dem Internet anfangen und es hört nicht mit dem Apple iPod auf. Als Apple den iPod mit 1000 Songs in der Hosentasche angeboten hat, steckte in dem Gerät nicht viel neue Technologie. MP3 Player gab es schon früher, Festplatten ebenso und natürlich auch das Format mp3. Apple hat die Software iTunes zugekauft und das alles gut verpackt. So kann man Unternehmen retten. Dasselbe macht unsere Abteilung auch. Wir bringen Technologie und Knowhow in die Nicht-Raumfahrt Industrie und umgekehrt.
Oft sehen die Menschen den Wald vor lauter Bäumen nicht, da ist es dann gut, wenn Ihnen ein „Förster“ hilft. Wir recyceln eben Innovation und nicht Alu oder Glas.
Sie plädieren dafür, dass jedes Unternehmen eine „Alien Abteilung“ benötigt. Warum soll man sich so was leisten?
Wer die Welt vorantreiben will, bedarf der Verwegenheit und der Tollkühnheit des Denkens. Querdenken muss erlaubt sein und muss auch von der Unternehmensführung gefördert werden, sonst bekommen sie zu wenig neue und bahnbrechende Ideen. Jeder Bauer weiß, dass Selbstbefruchtung bei Früchten weniger Ertrag gibt. Die Evolution mag das nicht und das ist bei der Innovation auch nicht anders. Wer sich intellektuell abkapselt, ist schon
längst keine Zukunftsressource mehr. Leider wird das mit Erfolg auch nicht besser. Bill Gates sagte einmal:“ Erfolg ist ein schlechter Lehrer. Er verführt kluge Leute zu glauben, sie könnten nicht verlieren.“
Kluge Unternehmensführungen bauen hier vor und leisten sich eine Abteilung die gezielt quer treibt und auch über den Tellerrand sieht. In der Raumfahrt muss man nicht nur sehr effizient sein, sondern auch offen für neue Wege.
Arbeiten Sie deshalb so viel mit Start-Ups zusammen?
Definitiv! In den letzten 13 Jahren haben wir das weltgrößte raumfahrtbezogene Gründernetzwerk aufgebaut. In über 40 Standorten, unterstützen wir dieses Jahr 160 neue Firmen. Um die 700 Firmen haben schon von unserer Unterstützung profitiert. Die Firmen können von uns lernen und wir von Ihnen. Die Iren haben eine nettes Sprichwort das übersetzt so viel heißt: Auf den Schultern der Riesen sieht man weiter. Für die Start-Ups ist die ESA mit ihren Partnern die Riesen und wir müssen sie nur auf unsere Schultern steigen lassen.
Sollte es das für alle Industrien geben?
Unbedingt. Vor allem für ein Industrie, die sich das nicht vorstellen kann. Innovation ist eben wie die Evolution. Hier gibt es nur zwei Wege. Entweder weiterentwickeln oder aussterben.
Das klingt jetzt aber hart!
Aussterben ist in der Evolution ja nichts Schlechtes, denn es macht Platz für etwas Neues. Nehmen die das Beispiel Kodak. Die hatten alles selber in der Hand und haben zu spät gemerkt, dass sie aussterben. Da muss man keine Tränen vergießen.
Was würden sie gerne noch erleben?
Wie wäre es mit Linienflügen zum Mond und Mars? Die Raumfahrt wird zu einer normalen Industrie werden. Und die Baubranche kümmert sich dann um den Häuserbau auf dem Mars.
Frank M. Salzgeber leitet den Technology Transfer und das Innovationsmanagement der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. Die ersten 7 Jahre seiner Karriere verbrachte Frank Salzgeber bei der Firma Apple Computer und gründete im Jahre 2000 sein erstes Start-up, welches später in ein Börsenunternehmen aufging. Frank Salzgeber berät Start-ups, aber auch Industrieunternehmen, sowie Wagniskapitalgesellschaften, Universitäten und Forschungseinrichtungen.